Julia Wedekind

Psychologin und Systemische Beraterin

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Harmonie ist super. Konflikte auch.

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Steinturm und Ruhe

Harmonie ist super. Konflikte auch.

Harmonie ist super, aber bitte nicht um jeden Preis. Häufig sieht und liest man, dass Harmonie DAS Ziel ist. Und es ist ja auch einfach wunderbar, wenn Harmonie herrscht und es eine Zeit gibt, in der einfach keine Konflikte aufploppen. Doch meinen wir immer diese Harmonie, wenn wir von Harmonie reden?

Wenn Harmonie zum obersten Gebot wird und Konflikte nicht gelebt werden dürfen, ist der Preis oftmals sehr hoch.

Denn dann kommt es zu Situationen, in denen ich meine Gefühle zu Gunsten der Harmonie unterdrücken werde. In denen ich merke, dass mich etwas gerade sehr gestört und verletzt hat und ich es aber zur Seite schiebe, weil ich denke, dass er/sie das doch nicht mit Absicht gemacht hat und sofort in einen inneren Dialog verfalle. Das ist prinzipiell auch keine schlechte Fähigkeit, um in Situationen, in denen es gerade wirklich unpassend ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und den Dialog auf später zu verschieben.

Es sollte nicht bei einem inneren, potentiellen Dialog bleiben, in dem ich die Handlungen des anderen schon rechtfertige, bevor ich sie überhaupt angesprochen habe.

Es ist wichtig, dass es auch zu einem echten Dialog zwischen mir und der Person kommt, sodass die Energie meiner inneren Gefühlswelt entweichen kann und sich nicht aufstaut. Denn dann kommt es irgendwann zum berühmten Fass, das auch irgendwann überläuft. Unberechenbar, nicht nachvollziehbar und vermutlich völlig zum falschen Zeitpunkt. Hier kann ich vorsorgen, indem ich den Gefühlen Ausdruck verleihe und Konflikte, auch sehr kleine, sein dürfen und nicht zugunsten einer vermeintlichen Harmonie beiseite geschoben werden. Was heißt hier eigentlich Konflikt?

Ein Konflikt muss nicht mit Geschrei, Streit und einem eingeschnappten „Ich-schlafe-auf-der-Couch“ einhergehen.

Konflikt heißt erstmal nur, dass es (mindestens) zwei unterschiedliche Positionen gibt und die beiden Wahrheiten gerade nicht parallel akzeptiert werden. Das lässt sich auch in einem ruhigen Gespräch auflösen. Und das geht natürlich besser, wenn mein Gefühls-Fass noch nicht am Überlaufen ist, sondern kaum Druck drauf ist. Daher bin ich überzeugt, dass echte Harmonie und eine lebendige Konfliktkultur sich nicht ausschließen. Vielleicht bedingen sie sich sogar… . Vielleicht weiß ich auch noch gar nicht, ob die Position des Anderen meiner widerspricht und es ist nur meine innere Annahme. Und ich bleibe bei meinem inneren Dialog, ähnlich wie Paul Watzlawick in seiner Geschichte mit den Hammer erzählt aus seinem Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“.

Wie wir Konflikte leben, ob wir sie schlimm finden oder keine größere Bedeutung beimessen, hängt häufig damit zusammen, mit welcher Konfliktkultur wir in unserer Herkunftsfamilie groß geworden sind.

Daher sind wir bitte auch gütig mit uns selbst, wenn es uns mal nicht sofort gelingt, einen Konflikt offen zu leben, anzusprechen und unserem Unbehagen Ausdruck zu verleihen. Wenn uns in der nächsten Situation schonmal auffällt, dass wir gerade die Gefühle zugunsten der Harmonie beiseiteschieben, ist das schon ein erster wichtiger Schritt. Und nach und nach gelingt es dann vielleicht, die vermeintliche Harmonie auch mal zugunsten eines wunderbaren Konflikts zu riskieren. Oder sogar bereitwillig zu opfern, damit danach wirkliche Harmonie entstehen kann. Denn genau solche vermeintlichen Harmonien sind es manchmal, wo man bei den Nachbarn doch dachte, dass alles super läuft, bis einer dann „plötzlich“ die Sachen packt und auszieht.

Julia Wedekind
Julia Wedekind

Psychologin und Systemische Beraterin